Sehr geehrte Damen und Herren,
der heutige Mandantenbrief enthält zwei Schwerpunkte: zum einen die Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen mit drei Varianten, zum anderen Steuerfragen zu Immobilien, nämlich die Übertragbarkeit von Erhaltungsaufwand, die rückwirkende Besteuerung von Familienheimen sowie die Grunderwerbsteuer bei Kauf von Teileigentum. Darüber hinaus wird auf Nachlassregelungskosten, auf Kinderbetreuungskosten, Kapitalerträge sowie Werbungskosten in Corona-Zeiten eingegangen.
Mit freundlicher Empfehlung
Arbeitsverhältnisse: Steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen Eheleuten
Verträgen zwischen nahen Angehörigen begegnet die Finanzverwaltung häufig mit Misstrauen. Abweichungen von dem, was zwischen fremden Dritten üblich ist, können dazu führen, dass Arbeitsverhältnisse nicht anerkannt wer- den und dem Arbeitgeber-Ehegatten der Betriebsausgabenabzug versagt wird. Der Bundesfinanzhof (BFH) musste sich mit drei derartigen Fällen befassen:
Zunächst ging es um einen angestellten Obergerichtsvollzieher, der seine Ehefrau, seine Tochter sowie eine Fremd- kraft in seinem Büro angestellt und die Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend gemacht hatte. Die Ehefrau war gering- fügig beschäftigt, ihr oblagen Registratur, Postausgang, Telefondienst sowie Abwicklung des Publikumsverkehrs. Als Arbeitszeit wurden 40 Stunden pro Monat vereinbart, die nach Weisung des Arbeitgebers geleistet und dokumentiert werden sollten. Das Fehlen fester Arbeitszeiten sowie Mängel bei deren Aufzeichnung genügten Finanzamt und -gericht, um den Werbungskostenabzug zu versagen. Der BFH zeigte sich dagegen großzügiger und erkannte das Arbeitsverhältnis an:
–Nach ständiger Rechtsprechung sind Ehegatten-Arbeitsverhältnisse steuerlich anzuerkennen, wenn ein Ange- höriger auf Basis eines wirksamen, inhaltlich fremdüblichen Arbeitsvertrags beschäftigt wird, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Arbeitgeber andererseits seine Pflichten – insbesondere die Lohnzahlung – erfüllt.
–Bei Angehörigen, die auf Teilzeitbasis beschäftigt werden, haben Unklarheiten bei der Vereinbarung der Arbeitszeit keinen Einfluss auf die Anerkennung des Arbeitsverhältnisses, wenn die konkrete Arbeitszeit von den beruflichen Erfordernissen des Arbeitgebers abhängt und Unklarheiten hierauf, nicht aber auf eine unübliche Gestaltung zurückzuführen sind.
–Arbeitszeitaufzeichnungen, etwa Stundenzettel, dienen nur Beweiszwecken, sind aber für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen
Angehörigen nicht zwingend erforderlich. Insbesondere ist es nicht notwendig, dass aufgezeichnet wird, „wann genau welche Tätigkeit ausgeübt“ wurde. Eine einem Fahrtenbuch entsprechende Aufzeichnung der Arbeits- zeit würde den Bogen überspannen.
Der zweite Fall betraf einen Gewerbetreibenden, der seine Ehefrau als Halbtagskraft im Büro beschäftigt und neben dem Arbeitsvertrag eine Wertguthabenvereinbarung abgeschlossen hatte. Danach konnte die Ehefrau unbegrenzt Wertguthaben aufbauen und Zeitpunkt, Häufigkeit sowie Dauer der Freistellung frei wählen. Vom Bruttogehalt von
1.410 € konnten 1.000 € zuzüglich Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung als Wertguthaben eingezahlt werden. Hierfür richtete der Arbeitgeber ein Depot sowie ein Geldmarktkonto ein und verpfändete das Kapital samt Erträgen an seine Ehefrau. Das Treuhandkonto wurde im Betrieb aktiviert, die Einzahlungen wurden einer Rückstellung zugeführt. Anderen Arbeitnehmern wurde das Modell nicht angeboten. Nachdem das Finanzgericht die Gestaltung anerkannt hatte, hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen:
–Bei einer solchen Gestaltung sind der Arbeitsvertrag und gesondert die Wertguthabenvereinbarung auf Fremdüblichkeit zu prüfen. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis ertragsteuerlich anzuerkennen ist, denn für die Wertguthabenvereinbarung gelten gesonderte Regelungen nach dem SGB IV.
–Die Möglichkeit, unbegrenzt Guthaben ansparen und frei darüber verfügen zu können, belastet einseitig den Arbeitgeber, was gegen eine fremdübliche Vereinbarung spricht. Es genügt nicht, dass die Vereinbarung für den Arbeitgeber betriebswirtschaftlich sinnvoll sein kann.
–Gegen die Fremdüblichkeit spricht weiterhin, dass das Zeitwertguthabenmodell anderen Arbeitnehmern nicht angeboten wurde, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich war. Den übrigen Mitarbeitern wurden vielmehr andere Formen der betrieblichen Altersvorsorge vorgestellt, die nicht mit einer Zeitwertguthabenvereinbarung vergleich- bar sind, weil das für Altersvorsorgezwecke eingezahlte Kapital langfristig gebunden ist.
Angesichts dieser Vorgaben des BFH ist fraglich, ob das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang an seiner Auffassung festhalten wird.
Die dritte Entscheidung betrifft wiederum ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Gewerbetreibenden und seiner Ehe- frau. Letztere war als Filialleiterin in einer Metzgerei beschäftigt, war nicht sozialversicherungspflichtig und bezog ein Gehalt von 4.146 €. Hiervon wurden 1.830 € monatlich aufgrund einer Entgeltumwandlung in eine Unterstützungskasse eingezahlt, die im Gegenzug eine Altersrente und eine Hinterbliebenenversorgung zusagte. Das Finanzamt akzeptierte dagegen als angemessen nur eine monatliche Zahlung von 110 € und korrigierte den Betriebsausgabenabzug entsprechend. Das Finanzgericht schloss sich dem an, weil eine Entgeltumwandlung von fast 50 % des Gehalts, verbunden mit dem Risiko eines Totalausfalls von bis zu 800.000 €, ungewöhnlich und unangemessen sei. Auch diese Entscheidung hatte vor dem BFH keinen Bestand, sodass das Verfahren ebenfalls zurückverwiesen wurde. Der BFH kam zum Ergebnis, dass
–im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses auch die Entgeltumwandlung in Beiträge an eine rückgedeckte
Todes eines Ehegatten auf den anderen Ehegatten bleibt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b EStG erbschaftsteuerfrei, sofern der überlebende Ehegatte das Objekt (weiterhin) zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Die Steuerbefreiung entfällt rück- wirkend, wenn die Nutzung durch den überlebenden Ehe- gatten binnen zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben wird und keine zwingenden Gründe für die Aufgabe der Selbstnutzung vorliegen.
Wann ein zwingender Grund vorliegt, ist bisher nicht abschließend geklärt. Die Finanzverwaltung nimmt einen solchen Grund laut R E 13.4 Abs. 6 Satz 9 ErbStR im Fall des Todes des Erwerbers oder bei dessen Pflegebedürftigkeit an, wenn diese die Führung eines eigenen Haushalts nicht mehr zulässt. Dagegen stellt eine psychische Erkrankung in Form von Depressionen und Angstzuständen nach Auffassung des FG Münster keinen derartigen Grund dar, solange die Betroffene noch dazu in der Lage ist, überhaupt einen eigenen Haushalt zu führen. Das Urteil betrifft eine Witwe, die das Haus, in dem der Ehemann verstorben war, aus den genannten Gründen nicht mehr bewohnen konnte, es deshalb innerhalb des Zehnjahreszeitraums veräußerte und eine Eigentumswohnung erwarb, in welche sie ihren Haushalt verlegte.
Aufgrund der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Steuerbefreiung für Familienheime ist laut FG Münster eine restriktive Auslegung des Tatbestands geboten, die letztlich darin mündet, dass der Begünstigte nicht mehr dazu in der Lage sein darf, noch einen eigenen Haushalt zu führen. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof (BFH) dem im Revisionsverfahren folgt.
Solange der Zehnjahreszeitraum nicht abgelaufen und nicht mit Sicherheit ausgeschlossen ist, dass die Fähigkeit zur Haushaltsführung wiedererlangt werden kann, darf das Familienheim nicht veräußert werden, denn die Steuerbefreiung entfällt auch dann, wenn die Selbstnutzung nach Wegfall des Grundes nicht unverzüglich wieder aufgenommen wird. Das ist aber nach einem Verkauf nicht mehr möglich.
Dem Verkauf eines Hauses steht übrigens dessen Abriss gleich. Nach Auffassung des FG Düsseldorf können erhebliche Mängel eines Gebäudes zwar nachvollziehbare Gründe für die Aufgabe der Selbstnutzung eines Familien- heims darstellen, es handelt sich dabei aber nicht um zwingende Gründe im Sinne der steuerlichen Regelung. Weiterhin sollen keine zwingenden Gründe vorliegen, wenn die Erbin nicht mehr dazu in der Lage ist, Treppen zu steigen, sie ihren eigenen Haushalt aber mithilfe eines im Erdgeschoss wohnenden Bekannten weiterführen könnte. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision gegen diese Entscheidung zugelassen.
Grunderwerbsteuer: Keine Kürzung des Kaufpreises um Instandhaltungsrückstellung
Jeder Käufer einer Eigentumswohnung muss als Anschaffungsnebenkosten die Grunderwerbsteuer einkalkulieren. Je nach Bundesland, in dem sich die Immobilie befindet, bewegt sich diese Steuer in einer Bandbreite zwischen 3,5 % (Bayern und Sachsen) und 6,5 % (Schleswig-Hol- stein, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Brandenburg und Thüringen) des vereinbarten Kaufpreises, der für Zwecke der Steuerberechnung allerdings niedriger anzusetzen sein kann.
Eine Position, um die der Kaufpreis bislang herabzusetzen war, war der vom Käufer miterworbene Anteil an der Instandhaltungsrückstellung oder rücklage. War deswegen, weil der Bundesfinanzhof (BFH) vor kurzem ent- schieden hat, dass die Instandhaltungsrückstellung den Kaufpreis als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht mindern darf. Der BFH begründet dies damit, dass der Käufer am Verwaltungsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), zu dem die Rückstellung gehört, kein Teileigentum erwirbt. Das der Rückstellung entsprechende Kapital bleibt beim Eigentümerwechsel unverändert Vermögen der WEG. Eine Übertragung vom Verkäufer auf den Käufer ist selbst bei einer entsprechenden Vereinbarung im Kaufvertrag zivilrechtlich nicht möglich. Das Entgelt, das für die anteilige Rückstellung gezahlt wird, gehört daher letztlich zu den Leistungen für den Erwerb des Grundstücks. Die ertragsteuerliche Behandlung der Rücklage als Wirtschaftsgut ist insoweit ohne Bedeutung.
Die Obersten Finanzbehörden der Bundesländer haben bereits darauf reagiert und erklärt, dass das Urteil auf alle Erwerbe von Teil- oder Wohnungseigentum anzuwenden ist, wenn der Notarvertrag nach dem Tag der Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt abgeschlossen worden ist. Letzteres steht allerdings derzeit noch aus.
Vor diesem Hintergrund sollte darauf geachtet werden, dass beim Wohnungskauf miterworbene Gegenstände, die nicht zum Gebäude gehören, bereits im notariellen Vertrag mit einem angemessenen Kaufpreis aufgeführt werden, da sich die Grunderwerbsteuerbelastung dadurch weiterhin mindern lässt. Dies gilt zum Beispiel für Einbauküchen und Einbaumöbel.
Kinderbetreuungskosten: Keine Sonderausgaben bei steuerfreiem Kindergartenzuschuss
Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen bleiben nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfrei. Andererseits können Eltern zwei Drittel der Kosten für die Kinderbetreuung, maximal aber 4.000 € pro Jahr und Kind, nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Sonderausgaben absetzen.
Diese mögliche Doppelbegünstigung stößt zunehmend auf Missfallen in der Finanzverwaltung und hat sich zwischenzeitlich in einem Urteil des FG Köln niedergeschlagen. Dieses hat den Sonderausgabenabzug in einem solchen Fall mit der Begründung abgelehnt, dass Eltern, die steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zu Kindergartenbeiträgen erhalten, insoweit keine Aufwendungen im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG entstanden sind. Mangels wirtschaftlicher Belastung komme der Sonderausgabenabzug daher nicht in Betracht.
Die Eltern haben Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Dieser muss sich jetzt damit auseinandersetzen, ob die Regelung in § 3c EStG, wonach in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehende Aufwendungen nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden dürfen, auch auf Sonderaufgaben übertragbar ist.
Alternativ wird argumentiert, dass eine zweckgebundene Steuerbefreiung den Sonderausgabenabzug beschränkt. Für die Finanzverwaltung dürfte es nach derzeitigem Stand schwierig sein, diese Rechtsprechung anzuwenden, da Kindergartenzuschüsse nicht auf der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen werden, im Regelfall erst bei einer Lohnsteuerprüfung des Arbeitgebers feststellbar sind.
Kapitalerträge: Folgen des Rückzugs einer Aktiengesellschaft von der Börse
Werden Aktien mit Verlust veräußert, können solche Verluste mit Gewinnen aus Aktienkäufen verrechnet werden. Gleiches gilt im Fall der Ausbuchung einer wertlosen Aktie aus dem Depot, allerdings ist die Verrechnung der Verluste dann auf 20.000 € beschränkt.
Anders ist die Situation, wenn sich eine Aktiengesellschaft von der Börse zurückzieht und deren Aktien danach nicht mehr notiert werden. Ein solches „Delisting“ führt nach einer Information der Finanzbehörden Hamburgs nicht zu einem Verlust wie etwa im Fall der Veräußerung. Beim Delisting auf Antrag einer Aktiengesellschaft ist die Zustimmung der Aktionäre erforderlich. Damit einher geht ein Abfindungsangebot an die Aktionäre, das diese jedoch nicht annehmen müssen. Lehnen Aktionäre die Abfindung ab, bleibt ihnen nur die Möglichkeit, sich über den außer- börslichen Handel von ihren Aktien zu trennen und dadurch Gewinne oder Verluste zu realisieren.
Trotz Homeoffice: Aufwendungen für ÖPNV-Zeitfahr- karten voll abzugsfähig
Durch das Jahressteuergesetz 2020 (dazu ausführlich KB 200/21) wurde für die Jahre 2020 und 2021 eine Werbungskosten-Pauschale von 5 € für jeden Arbeitstag, der ausschließlich im Homeoffice absolviert wurde, maximal aber 600 € pro Jahr, eingeführt. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte dürfen daneben nur für die Tage abgesetzt werden, an denen solche Fahrten tatsächlich unternommen wurden. Ist die sich danach ergebende Entfernungspauschale niedriger als die Kosten, die einem Arbeitnehmer für den Kauf einer Zeitfahrkarte für den öffentlichen Personennahverkehr für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ent-standen sind, darf der übersteigende Betrag nach einem bundeseinheitlich abgestimmten Erlass des FinMin Thüringen zusätzlich zur Entfernungspauschale abgesetzt wer- den.
Beispiel: Die Entfernung zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte soll 15 Kilometer betragen; diese Wegstrecke soll im Jahr 2020 an 110 Tagen zurückgelegt worden sein. Hieraus resultiert dann eine Entfernungspauschale von 495 € (110 Tage x 15 Km/Tag x 0,30 €/Km). Wenn die Jahreskarte für den ÖPNV 720 € gekostet hat, kann die Differenz von 225 € zur Entfernungspauschale ebenfalls als Werbungskosten abgesetzt werden. Daneben kann dann ein Pauschbetrag für das Homeoffice für 120 Tage berücksichtigt werden. Die Werbungskosten belaufen sich dann auf insgesamt 1.320 €.